Die etwa 50 Deutschen bilden die größte Gruppe der permanent auf der Insel lebenden Ausländer. Manche sind schon 25 Jahre hier. Ein 5500-Seelen-Dorf, verteilt über mehrere, teils sehr aufgelockerte Gemeinden auf einer Insel von nicht einmal 8 x 17 km mitten im Atlantik. Jede Gemeinde hat eine charakteristische Farbe an den Kanten der ansonsten weiß gehaltenen Häuser. Meine ist blau und heißt Santa Barbara. Montbretien und Ingwer blühen hier rot und gelb.
Wer die Natur liebt, bekommt hier alles vor die Haustür geliefert. Satte Flora und Fauna an Land und im Meer, Berge und Hügel, Kletterfelsen, Wasserfälle, Sandstrand, Felsenküste, dichte, sattgrüne Wälder, natürliche Parklandschaften bei relativ wenig Landwirtschaft. Santa Maria ist vulkanischen Ursprungs, aber keine Vulkaninsel. Es gibt hier keinen Vulkan. Die Strände bestehen nicht wie sonst auf den Azoren aus schwarzem, sondern hellem Sediment-Sand. Es ist Winter auf Santa Maria. Nachts geht es bis 10°C runter, tagsüber bis 25°C hoch. Manchmal windig, manchmal neblig, wenn man in einer eine Wolke steckt. Manchmal regnerisch und oft strahlend blau und sonnig mit umwerfenden Farben. Das alles passiert am selben Tag. Die Luft, das Licht, die Sicht – man fühlt sich frei und leicht. Die Farben sind so intensiv, ganz besonders bei Sonnenschein.
Man grüßt sich, wenn man sich begegnet oder mit dem Auto aneinander vorbeifährt, egal ob Einheimischer oder Tourist. Hier ist jeder aufeinander angewiesen. Man kennt sich nach kurzer Zeit und trifft sich in der Dorfkneipe oder im Tante-Emma-Laden, was oft das Gleiche ist. Nur in der Insel-Hauptstadt Vila do Porto mit rund 3500 Einwohnern geht es eher „städtisch“ zu. Eigentlich gibt es alles auf der Insel, was man braucht: Supermärkte, Apotheken, Drogerien, Bekleidungsgeschäfte, Autohandel und Werkstätten und Baumärkte. Schulen, Kindergärten, sogar ein kleines Krankenhaus gibt es, das eher einer Poliklinik mit kleiner Bettenabteilung für stationäre Aufnahmen ähnelt. Polizei, Verwaltungsbehörde, Feuerwehr, Rettungsdienst. Notfalls ist auch der Rettungs-Hubschrauber aus Ponta Delgada in 30 Minuten da und bringt Patienten ins Klinikum der Azoren-Hauptinsel São Miguel. Wenn erforderlich wird man auch in die Uniklinik nach Lissabon oder Coimbra ausgeflogen.
Ich kann verstehen, warum hier mancher Ausländer hängen geblieben ist.