Nach dem Lockdown die christliche Seefahrt

Die erste Pandemiewelle scheint für Europa abzuflachen. Die Restriktionen haben angeschlagen und werden regional schrittweise wieder gelockert, was vereinzelt zum Wiederaufflammen der Infektionsraten führt, bisher allerdings noch erträglich, jedoch nicht ohne Besorgnis, zumal es nach wie vor weder eine durchschlagend wirksame Medikation, noch einen Impfstoff gibt. Nachdem die Flughäfen auch auf den Azoren wieder geöffnet haben, ereilt mich wieder einmal der Ruf einer Reederei, die dringend einen Schiffsarzt sucht. Für mich ist es eine willkommene Abwechslung, auf dem deutschen Forschungsschiff „Meteor“ fünf Wochen an einen wissenschaftlichen Projekt teilzunehmen, das marine Partikel von der Quelle bis zur Ablagerung und Einbettung vor Nordwest-Afrika untersucht.

Es heißt also für einige Wochen Abschied nehmen von meinem Inselparadies, in dem ich schon einige Freunde gefunden habe. Ein paar sommerliche Eindrücke aus Santa Maria und Ponta Delgada auf São Miguel nehme ich noch mit, bevor es über Lissabon erst einmal nach Hamburg zur Seediensttauglichkeitsuntersuchung und dann weiter nach Leer in Ostfriesland geht. Dort findet eine dreitägige Quarantäne für alle statt, bevor sie das Schiff betreten. Während dieser Zeit wird auch ein SARS-CoV-2 PCR Test durchgeführt. Nachdem alle Maßnahmen ohne Komplikationen durchlaufen sind, geht es aufs Schiff nach Emden. Abends laden uns die Kollegen vom Schwesterschiff „Maria S. Merian“ zum Grillen an Bord ein. Die „Maria S. Merian“ läuft am Folgetag auch für eine Forschungsfahrt aus und liegt genau neben der „Meteor“ im Emden Dockyard. Ein paar hundert Meter weiter liegt die „Sonne“, das neueste Flaggschiff der Forschungsflotte der Bundesregierung, das ich ja bereits im letzten Jahr als Schiffsarzt im südchinesischen Meer begleiten durfte. Durch die Pandemie kamen die geplanten Forschungsfahrten der deutschen Forschungsflotte ziemlich aus dem Takt, da die Schiffe aus Gründen des Infektionsschutzes in keinem ausländischen Häfen mehr anlegen dürfen. Somit ist Emden vorläufig immer Ausgans- und Endpunkt aller Fahrten der deutschen Forschungsflotte. In den ersten Tagen gibt es viel zu tun, um nach der Übergabe neben dem Bezug meiner Kabine mein Hospital, Untersuchungs- und Behandlungsraum, Computernetzwerk, neue Software, Röntgen, OP, Apotheke und Intensivstation einzurichten. Der Rest der Crew und die Wissenschaftler kommen erst am Tag vor der Abreise am 3. August 2010. Ich freue mich auf die kommenden Wochen an Bord.

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