Die Pilger vom Niederrhein

Heute habe ich kurz vor Verzenay in der Champagne eine Gruppe von sieben Wanderern getroffen, die sich als Jakobspilger vom Niederrhein herausstellten, alles Kollegen aus der Justizvollzugsanstalt Geldern. Sie wandern seit neun Jahren den Jakobsweg abschnittsweise, normalerweise neun Männer im Alter von 50 bis 65. Diesmal sind leider zwei aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen. Sie haben mich spontan zum Mitwandern eingeladen und gefragt, ob ich noch eine Unterkunft benötige. Da ich noch nichts gebucht hatte, nahm ich ihr Angebot über ein Bett in ihrer gebuchten Herberge (www.champagne-alain-lallement.com) gerne an. Wir verbringen einen angenehmen Abend zusammen. Einer von ihnen ist der Gefängnis-Pfarrer. Ein katholischer Priester auf dem Jakobsweg, der gleichzeitig auch Seelsorger für die pilgernden Kollegen aus der JVA ist. Auf Wunsch der Pilger hält er täglich zwei Messen und gemeinsame Gebete. Dazu braucht ein Pfarrer keine Kirche. Das geht sehr entspannt zu. Alle sitzen nach dem essen am Tisch. Der Pfarrer beginnt und irgendwann ist jeder Einzelne dran, das zu sagen, was er denkt, bewegt, was ihm am Herzen liegt, was ihm Probleme bereitet. Ein spirituelles Erlebnis, völlig unverkrampft. Ich habe mit ihm darüber gesprochen, dass ich bis vor Kurzem auch öfter als Notarzt in Justizvollzugsanstalten gerufen wurde und teilweise auch intensiven Kontakt mit den Gefangenen hatte. Auch als Arzt wird man mit den Problemen dort konfrontiert, vordergründig meist körperlicher Natur, oft aber steckt mehr dahinter, vor allem bei den vielen Drogenabhängigen und psychisch Deformierten, die dort zu finden sind.

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