Kurz nach 8 heute Morgen war es noch dunkel in Lestedo. Das lag aber auch an dem Dauerunwetter. Es half alles nichts, ich musste los. Zumindest dämmerte es schon und ich konnte die Jakobsweg-Schilder erkennen. Es ist wieder mal ein sehr nasser Tag. Ich nutze die kurzen Phasen des aufklarenden Wetters für den ein oder anderen Schnappschuss bevor es wieder dunkel wird und Bindfäden regnet. Die Temperatur sinkt auch. Es ist 2°C. Zwei Süd-Koreaner überholen mich und kämpfen mit dem Schlamm und dem teilweise überschwemmten Weg. Unterwegs treffe ich an einem Pilgerrastplatz wieder auf Sergio und Katalina, die dort gerade frühstücken. Außerdem lerne ich Cheuk Him und Scarlett aus Hong Kong kennen. Wir sprechen über die Probleme, Unruhen und Hintergründe dort. Trotz des fast ununterbrochenen Regens sind alle gut gelaunt, singen sich durch den Regen und das Foto und der Videoclip dürfen nicht fehlen. Es sind deutlich mehr Frauen als Männer unterwegs, die ganze Zeit schon. Außerdem interessanterweise viele Asiaten, hauptsächlich aus Südkorea, Taiwan und Hong Kong. Die drei Chinesen aus Taiwan, die im Regen sich auf einer Pilgerbank eine Pause gönnen, musste ich einfach fotografieren. Bis zu meiner Unterkunft in Melide regnet es. Seit zwei Tagen plagt mich mein rechtes Bein, genauer die Kniekehle. Ich habe schon alle möglichen differenzialdiagnostischen traumatologisch-orthopädischen Alternativen durchgespielt. Gestern ließ sich mein Gangbild nicht mehr verleugnen. Vor allem als es bergab ging musste ich hinken. Aber die Entwicklung des Schmerzes über die letzten zwei Tage, das Besserwerden beim Laufen und der Bluterguss an der Wade, der sich heute erstmals gezeigt hat, ließen mich das Rätsel lösen: Muskelfaserriss! Unangenehm aber harmlos. Wie ich mir das geholt habe, weiß ich auch nicht. Kein Trauma erinnerlich! Man wird halt alt und gebrechlich!
